Peter I. bei einer Audienz bei Louis XIV in Versailles, 1717 / Vostock-Photo
Peter I., der erst nach seinem Tod 1725 den Beinamen "der Große" bekam, war zweifelsohne einer der aktivsten und energischsten Herrscher Russlands. Sein ganzes Leben lang versuchte er sich auch selbst in unterschiedlichen Handwerken und Aufgaben. Er studierte das Ingenieurwesen ebenso wie die Architektur und den Schiffbau seiner Zeit. Gleichzeitig führte er sein Land mit eiserner Hand.
Es ist fast schon ein kleines Wunder, dass Peter, wenn auch incognito, an der seiner eigenen Großen Gesandtschaft von 1697-98 nach Europa teilnahm. Damit wollte er nicht nur die Allianzen zu den Staaten der "Alten Welt" stärken, sondern auch das europöische Leben kennenlernen. Nach seiner Rückkehr änderte er denn auch viele Momente in der russischen Gesellschaft: Sein Ziel war eine umfassende Modernisierung seines Landes. Aber was genau brahcte er eigentlich aus Amsterdam, Wien und anderen europäischen Städten mit nach Sankt Petersburg?
Polnischer Mantel von Peter dem Großen / Aquarell von F. Solnzewa/Archivbild
"Du bekommst keine zweite Chance, um einen ersten Eindruck zu hinterlassen", dachte sich wohl Peter, als er sich die russischen Aristokraten anschaute. Mit ihren langen Bärten und schweren Mänteln sahen sie den feinen europäischen Adligen mit ihren weiß gepuderten Gesichtern und sauber rasierten Gesichtern so gar nicht ähnlich.
Und so verdonnerte Peter I. all die ihm untergebenen Adligen zur Komplettrasur und Anschaffung europäischer Kleidung. Und all seiner Bewunderung für den Wetsen zum Trotz blieb er doch russischer Zar und seiner autokratischen Regierungsweise treu. Bei Versammlungen und Hofbällen stutzte er vielen Männern persönlich die Bärte und entsorgte alte russische Klamotten. Die Bojaren - die betroffenen Adligen - erinnerten sich noch gut daran, dass ihr Monarch auch vor Hinrichtungen nicht zurückschreckt. Das hatte er nach dem gescheiterten Palastputsch von 1698 bereits bewiesen. Sie fürchteten ihn so sehr, dass die überwiegende Mehrheit letztlich freiwillige ihre alten Hüllen fallen ließ.
Bis 1700 lebte Russland nach dem alten hebräischen Kalender aus der Bibel, der einst über Byzanz nach Moskau gekommen war und der von der Genesis, der Entstehung der Welt, ausging - also etwa im Jahr 5508 v. Chr. Nach all seinen Reisen verstand Zar Peter aber gut, wie absurd es doch war, das ganz Europa im Jahr 1700 lebte, während Russland sich im Jahr 7208 wähnte.
Und so rief Peter den 19. Dezember 7208 nach alter Zeitrechnung als 1. Januar 1700 aus. Gleichzeitig verschob er die russische Neujahrsfeier vom 1. September auf den 1. Januar. Konservative Teile der Gesellschaft, besonders die Altgläubigen, sahen in ihm den personifizierten Antichrist und fanden sich in einer Art "Hölle" wieder. Aber auch hier konnte man eine solche Entscheidung des Zaren nicht einfach ablehnen.
Wedomosti / Archivbild
Unter Peter dem Ersten wurde am 13. Januar 1703 die erste russische Zeitung gedruckt. Beeindruckt von der holländischen Medienwelt, wollte der Zar auch seinen eigenen Bürgern Zugang zu Informationen über die Welt um sie herum verschaffen. Die erste Zeitung hier "Wedomosti" und hatte zwei bis sieben Seiten. Fakten und Neuigkeiten aus verschiedenen Lebensbereichen wurden gesammelt - noch ohne Überschriften oder eine konkrete Struktur. In einem Absatz konnten gleichzeitig die Ernte in einer entfernten Kleinstadt und ein Krieg in Europa thematisiert werden.
Aber: Die Nachfrage in der Bevölkerung war niedrig. Schon allein darum, weil ein großer Teil der russischen Bevölkerung Anfang des 18. Jahrhunderts nicht lesen konnte. Und dennoch: Peter der Große war der erste große russische Medienmogul!
/ Wassilij Surikow
Peter der Große war auch in haus- und volkswirtschaftlichen Angelegenheiten ein aktiver Reformer: Er beendete die scheinbar ewig dauernden Kriege gegen Schweden und die Türkei sowie den Bau der neuen Hauptstadt Sankt Petersburg. Das aber bedeutete auch, dass der Staat ständig Geld brauchte. Um all die Kosten zu decken, reformierte Peter das Fiskalsystem. Bis dahin zahlte jeder Haushalt eine bestimmte Summe an den Staat. Viele aber legten ihre Haushalte zusammen, um so die Behörden auszutricksen. Mit Peters Reform musste nun jeder Einzelne 70 Kopeken zahlen.
Dazu ließ der Zar sogar die erste Volkszählung der russischen Geschichte durchführen. Dabei ergab sich Historikern zufolge, dass 1715 rund 12 Millionen Menschen in Russland lebten. Zum Vergleich: Das heutige Moskau hatte 2012 offiziell etwa genau so viele Einwohner wie damals das ganze Russische Reich unter Peter dem Großen.
"Kartoffeln ernten" von Arkadij Plastow (1893-1972). / Staatliches Russisches Museum/RIA Novosti
Im heutigen Russland werden an jeder Ecke Kartoffeln in Sonnenblumenöl gebraten. Aber kaum ein Russe weiß wohl, dass auch diese "Tradition" einst Peter der Große aus Europa mitgebracht hat: konkret aus Holland.
Der Zar sah den Nutzen für sein Volk, das aber war - wie immer - zunächst skeptisch. Schnell verstanden sie, was sie mit den Sonnenblumenkernen anstellen können. Die Kartoffel aber hatte es etwas schwerer, bis sie von den Leuten als Nahrungsmittel anerkannt wurde. Am Anfang versuchten sie oft, die giftigen Blätter der Kartoffelpflanze zu essen anstelle der Knolle selbst. Darum "genoss" sie zunächst auch den Beinamen "Teufelsapfel". Erst ab dem 19. Jahrhundert stieg die Kartoffel dann zum "Brot der Russen" auf und hält sich seitdem wacker unter den beliebtesten Speisen.
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