Derweil in Russland: Acht verrückte Skandale rund um russische Fußballer

Legion Media
Ob Aufstände und Faustwirbel mit den Fans oder Ausziehen vor Putin – das ist der russische Fußball in seinen grellsten Farben. Hier lesen Sie von den ausgefallensten und unlogischsten Vorfällen in Europas wohl impulsivster Nationalliga.

1 Der Manager, der seine Spieler per Lügendetektor testete

Ehrliche Buben: Die Mannschaft des FC Kolomna

In Russlands dritter Liga ist es schon ein besonderes Ergebnis, wenn eine Mannschaft wirklich gar keine Tore erreicht. So endete im November 2016 ein Spiel zwischen dem FC Kolomna und Soljaris Moskau mit 6:0 für die Mannschaft aus der Hauptstadt.

Kolomnas Mannschaftsmanager Alexandr Bodrow konnte einfach nicht glauben, dass dieses Ergebnis durch Fairplay zustande gekommen sein konnte und beschuldigte die eigenen Spieler der Spielmanipulation. Und verhörte sie mit dem Lügendetektor. Alle Spieler kamen durch. Und die Kolomna-Fans wissen nun: Ihre Kickerhelden lügen nicht! Sondern spielen einfach wirklich mies…

2 Ein Busgruppenticket für 23, bitte!

Torwart Dmitrij Jaschin vom FC Schinnik Jaroslawl

Während in England sogar Spieler der zweiten Liga oft Millionäre sind, sieht das sogar in der russischen Nationalliga oft anders aus. 2016 machte beispielsweise der FC Schinnik Jaroslawl Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass die Spieler schon acht Monate lang nicht bezahlt worden waren. Sogar die Chefs und Trainer wurden auf Teilzeitverträge zurückgestuft. Der Schinnik-Spieler Alexandr Malyschew sagte damals:

„Wir sind alle direkt im Club untergebracht. Aber wie wir bekommen auch die Chefs kein Geld und kommen nicht zur Arbeit. Und wir laufen tagelang ohne Essen herum.“

Und es kam noch schlimmer: Kurz vor der Saison 2016/17 verkaufte der Verein auch noch seinen Teambus. Das hieß, die hungrigen Spieler fuhren dann oft mit dem Fanbus zu weiten Auswärtsspielen – bei den russischen Entfernungen sicher kein Vergnügen.

Trotz allem jedoch landete Schinnik auf Platz 12 von insgesamt 20 Teams in der eigenen Liga. Hoffentlich haben sie dafür wenigstens ein richtiges Abendessen bekommen!

3 Von der Party zur Petition

Alexander Kokorin und Pawel Mamajew (l. u. r. vorn) vom russischen Nationalteam

Das Jahr 20016 dürfte überhaupt als Jahr der Skandale in die Geschichte des russischen Fußballs eingehen. Und das Sahnehäubchen lieferten dazu Alexandr Kokorin und Pawel Mamajew mit ihren sogenannten „Monaco-Eskapaden“.

Nach einer erniedrigenden 3-0-Niederlage gegen Wales wurden die beiden Kicker des russischen Nationalteams dabei gefilmt, wie sie bei einer „kleinen Feier“ im Casino de Monte Carlo ganze 280.000 Dollar für Champagner verprassten.

Die Fans fragten sich berechtigterweise: Warum feierten sie die Niederlage? Warum verdienen sie so viel, aber spielen so schlecht? Und warum spielen sie lieber VIP, als das Nationalteam zu stützen?

Die Katerstimmung der beiden dürfte enorm gewesen sein. Denn schon am nächsten Tag hatten mehr als 800.000 Menschen eine Change.org-Petition unterzeichnet, die die beiden Partylöwen lebenslang aus der Nationalelf ausschließen sollte. Kokorin entschuldigte sich daraufhin für die Ausschweifungen – allerdings auch erst, nachdem Putin höchstpersönlich jene als „empörend eitel“ gerügt hatte.

4 Die kleinste Meuterei der Welt

1994: der damalige Cheftrainer der russischen Nationalelf Pawel Sadyrin

Pawel Sadyrin war der erste Nationaltrainer der Russischen Föderation – und seiner Zeit weit voraus. Er experimentierte mit ungewöhnlichen 5-3-2-Formationen und knüpfte Kontakte mit Reebok für sein Team. Die Spieler aber waren skeptisch und hielten ihren Trainer glatt für „verdächtig modern“, bezichtigten ihn gar der „kapitalistischen Sabotage“.

Und so unterzeichneten 14 Spieler der Sbornaja im November 1993 den „Brief der Vierzehn“. Darin forderten sie, dass Sadyrin durch Anatolij Byschowez, der das UdSSR-Team 1988 in die Europameisterschaft geführt hatte, ersetzt werden sollte. Der Russische Fußballbund aber behielt Sadyrin, obwohl so einige Starspieler wie Igor Schalimow und Igor Dobrowolskij die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 1994 verweigerten. Natürlich verloren die Russen unter diesen Umständen haushoch – sowohl gegen Brasilien als auch gegen Schweden. Und so trat Sadyrin dann nach der WM auch aus freien Stücken zurück.

5 Ein Mann gegen ganz Tschetschenien

Spartak Gognijew vom FC Krasnodar

Spielfeldprügeleien gehören zum russischen Fußball irgendwie dazu. Wenn dann aber das gesamte gegnerische Team und die tschetschenische Polizei dabei ist, wird langsam klar, dass es ernst wird.

Der Stürmer Spartak Gognijew vom FC Krasnodar kann seit einem Spiel 2011 gegen den Verein Terek Grosny ein Lied davon singen. Damals erhielt  Gognijew in der 73. Minute seine zweite gelbe Karte, woraufhin er den Schiedsrichter offensichtlich für alle direkt auf dem Spielfeld anging. Während dieser ihn dann vom Feld gleiten will, wird Gognjiew von einer riesigen Traube Grosny-Fans umzingelt. Nach mehreren Schlägen ins Gesicht versucht er zu fliehen. Doch im Tunnel zu den Umkleiden wird er von lokalen Polizisten aufgehalten, zurückgedrängt und weiter verprügelt. Der ganze Vorfall ist hier zu sehen.

Natürlich hätte Gognijew angemessener auf die gelbe Karte reagieren müssen. Aber eines lernt man hier doch: Besser keinen Stress machen in Tschetschenien!

6 Der arrogante Andrej

Andrej Arschavin (r) bei einer Autogrammstunde in einem FC-Zenit-Fanshop

Über Andrej Arschawin gehen die Meinungen der Russen weit auseinander. Der frühere Arsenal-Spieler ist einerseits sicher einer der besten russischen Kickerexporte seit Ende der Sowjetunion und er sorgte bei der EM 2008 gleich für mehrere unvergessliche Momente. Zuhause allerdings gilt er vor allem als abgehoben. Dass er seine Frau im fünften Schwangerschaftsmonat sitzen ließ, bestärkte diesen Eindruck nur.

Richtig verscherzt hat er es sich mit den russischen Fans allerdings während der EM-2012, als er in einem Moment unnötig offener Ehrlichkeit den russischen Fans sagte:

„Wenn ihr [von eurem Team] irgendetwas erwartet, dann ist das euer Problem!“

Die empörten Fans starteten einen Shitstorm im Netz, einige forderten gar, ihm die russische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Später entschuldigte sich Arschawin für die Äußerung, für die meisten russischen Fans kam das allerdings etwas zu spät.

7 Schirokows Traum vom großen Geld

Roman Schirokow beim Training

Der russische National-Mittelfeldspieler Roman Schirokow könnte mit seinen eigenen Skandalen schon allein ein kleines Büchlein füllen. Der selbsternannte „Mister Twitter“ zeigte seinen eigenen Fans zuletzt den Mittelfinger, nannte das slowakische Nationalteam eine „Bauernbande“ und schob einen Beinbruch vor, um einen Kater auskurieren zu können. So weit so gut.

Aber den Vogel hatte er bereits 2015 abgeschossen, als er verkündete, er werde für weniger als drei Millionen Dollar im Jahr keinen Ball mehr anrühren. Damals hatte er gerade den Moskauer FC Spartak verlassen und sollte für den Konkurrenzclub ZSKA spielen. Dort aber hielt er praktisch einen Null-Stunden-Vertrag. Er spielte acht spiele für den ZSKA. Der verweigerte Schirokow dann aber dessen enorme Gehaltsforderungen. Und so setzte sich der Spieler zur Ruhe. 2015 sagte er noch, er wolle das Russische Nationalteam bei der WM-2018 als Kapitän anführen. Aber dieser Wunsch schien dann noch nicht sehr stark gewesen zu sein.

8 “Schmelzende Schokolade” aus der Rassismus-Reihe

Der Moskauer Kicker Georgij Dschikija ist schon jetzt ein heißer Kandidat für den Preis des dümmsten Fußball-Tweets des Jahres 2018. Im Januar postete er ein Video mit seinen schwarzen Teamkameraden mit dem Kommentar:

„Schaut nur, wie diese kleinen Schokis in der Sonne schmelzen!“

Der Russische Fußballverband verdonnerte Dschikijas Verein Spartak zu einer Strafe in Höhe von 20.000 Rubel (umgerechnet 350 Dollar). Da aber hatte der Club auch schon mit einem mindestens überraschenden Video seine „Charme-Offensive“ fortgesetzt.

„Ich liebe dich, du bist eine Spartak-Legende“, sagt der brasilianische Stürmer Luiz Adriano darin zu einem reuig erscheinenden Dschikija. Dann küsst er den Russen auf die Stirn – wie süß!

Ob dieser Vorfall in besonders starken Vorbehalten der Russen gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe gründete oder einfach in der Ablehnung übermäßiger politischer Korrektheit, ist derweil unklar. Für alle Fälle aber teilten dann Dschikija und sein brasilianischer Kollege Fernando noch einmal mit:

„Es gibt keinen Rassismus bei Spartak. Wir sind eine freundliche Familie.“

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