Herzlich willkommen in Russland! Was, statt Fototour auf dem Roten Platz absolvieren Sie einen Betthüte-Marathon und brauchen dringend einen Arzt? Russia beyond erklärt Ihnen, wie das funktioniert:
Das russische Gesundheitsversorgungswesen teilt sich in ein staatliches und ein privates (kommerzielles) System. Der Staat stellt ambulante und Erstversorgung zur Verfügung sowie spezialisierte Einrichtungen und Sanatorien und Heilbäder. Alle Russen müssen krankenversichert sein, egal ab sie arbeiten oder nicht. Diese Versicherungen schließt man bei Rosgosstrach ab. Sie haben keine zeitliche Begrenzung. Viele Behandlungen sind mit einer solchen Versicherung in den staatlichen Polikliniken und Krankenhäusern kostenfrei. Ausgenommen sind teure Zahnbehandlungen und bestimmte Medikamente. Diese muss man dann entweder voll oder ermößigt selbst zahlen.
Natürlich können sich die Russen aber auch noch eine private Krankenversicherung zulegen. Hier unterscheiden sich die Beiträge und Leistungen dann von Versicherung zu Versicherung. Diese aber gelten dann auch in provaten Kliniken. Solche Zusatzversicherungen schließt oft der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter ab. Außerdem hat natürlich auch jeder Russe die Möglichkeit, Behandlungen komplett selbst zu finanzieren.
Wenn Sie als Tourist nach Russland kommen, dann brauchen Sie eine gültige Auslandsreisekrankenversicherung. Deutsche Staatsbürger müssen diese schon vorweisen, um ein Visum zu bekommen. Außerdem spart es Zeit und Geld, falls sie am Ende doch krank werden sollten. Diese Policen können einmalig für eine bestimmte Reise oder auch langfristig abgeschlossen werden.
Falls Sie allerdings längerfristig eine Arbeitsstelle in Russland annehmen, dann bekommen Sie von Ihrem Arbeitgeber eine sogenannte freiwillige Pflichtversicherung. Damit können auch Sie als Ausländer dann die örtlichen Gesundheitseinrichtungen nutzen. Dafür brauchen Sie aber eine dauerhafte Registrationsadresse in Russland. Hier finden Sie eine Übersicht (allerdings auf Russisch).
Zusätzlich können Sie sich natürlich immer noch privat versichern.
Bei einem schweren Unfall, einer Verletzung oder Erkrankung müssen Sie die Notfallnummern rufen:
103 - können Sie von jedem beliebigen Telefon und in jeder Region wählen, um den Rettungswagen zu rufen.
112 - können Sie mit dem Handy sogar ohne SIM-Karte und Guthaben rufen. Nur der Akku muss ein kurzes Gespräch noch aushalten.
Falls der Antwortende kein Englisch versteht, müssen Sie sich unbedingt die Hilfe eines Russisch Sprechenden suchen.
In Großstädten muss der Rettungswagen im zehn bis 20 Minuten eintreffen. In abgelegeneren Gegenden kann das natürlich auch länger dauern.
Die Notfallversorgung ist in Russland für alle kostenfrei.
Ein Extrem-Beispiel: Bei einem Workcamp im nordrussischen Petrosawodsk 2010 wollten die Teilnehmer natürlich auch das örtliche Nachtleben entdecken. "Ein Deutscher aus unserem Team wurde dann erst gegen fünf Uhr morgens von einem Taxifahrer zu seiner Gastfamilie gebracht", erzählt Russia-beyond-Redakteurin Peggy Lohse. "Er sagte nichts, lag einfach reglos auf der Erde. Wir riefen den Notarzt. Zum Glück hat jeder Deutsche, der nach Russland kommt, immer eine Reisekrankenversicherung. Darum kam er direkt ins Städtische Krankenhaus." Dort, so erzählt sie, die ihn als sprachliche Unterstützung begleiten sollte, in ein normales Krankenzimmer mit anderen Patienten. Obwohl er nach "nur" drei Schnapsgläsern Wodka "nur" eine Alkoholvergiftung hatte. Er musste die Behandlung nicht zahlen. Und durfte die nächsten 14 Stunden in dem Krankenraum verbringen, um wieder zu sich zu kommen.
Außerdem können Sie natürlich im Notfall auch Privatärzte rufen oder aufsuchen. Im Juli hatte beispielsweise der Russia-beyond-Autor und Geschichtsprofessor William Brumfield einen ernsthaften Unfall, als er gerade in Moskau war. "Meine russischen Freunde haben eine Privatklinik herausgesucht und haben die Behandlung schnell organisiert", erzählt er heute. Dort beriet ihn zunächst der zuständige Chefarzt persönlich, dann wurde der Patient den Kollegen übergeben. "Ich wurde ausgezeichnet versorgt, mit 'russischem Herz'."
Wenn es nicht ganz so dringend ist, können Sie auch immer bei Ihrer Versicherung anrufen und sie bitten, Ihnen einen Arzt mit Sprachkenntnissen ihrer Muttersprache zu finden. In Moskau und Sankt Petersburg gibt es eine Vielzahl ausländischer Privatkliniken, die englisch-, einige auch deutschsprachiges Personal beschäftigen.
So erzählt die Russia-beyond-Redakteurin Lucia Bellinello, wie ihr argentinischer Freund Germán Cuestas in Moskau erst selbstständig einen Arzt für ein paar Untersuchungen heraussuchte. "Aber der Arzt sprach kein Englisch, also musst er einen Dolmetscher mitnehmen. Am Ende hat er über 50.000 Rubel bezahl" (umgerechnet rund 800 Euro). Später rief er bei seiner Versicherung an und hat nun von ihr einen sehr professionellen Doktor mit Spanischkenntnissen vermittelt bekommen."
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