Im Jahre 1985 unterzog sich ein junger KGB-Agent namens Wladimir Putin (damals 33 Jahre alt und frisch verheiratet mit seiner heutigen Ex-Frau Ljudmila) an der Moskauer Akademie für Auslandsspionage einer intensiven Ausbildung, in der er unter anderem auch die deutsche Sprache erlernte. Nachdem er diese Ausbildung vollendet hatte, wurde er von seinen Vorgesetzten vor die Wahl gestellt: Entweder würde er ein paar Jahre auf einen Posten in Westdeutschland warten müssen oder er könnte sofort in die damalige DDR gehen. Putin entschied sich für die zweite Variante und landete in Dresden, wo auch seine zweite Tochter Jekatarina geboren wurde.
Seine Tätigkeiten in der sächsischen Hauptstadt seien „reine Routine“ gewesen, wie Putin im Jahre 2000 in seinem Buch „Aus erster Hand“ schrieb. Hauptziel war es, so Putin damals, Informanten und Daten über eventuelle NATO-Aktionen in Ostdeutschland zu sammeln. Die gewonnenen Informationen sollten nach Moskau weitergegeben werden. Gegenüber dem staatlichen Fernsehsender Rossija 24 erklärte Putin dieses Jahr hingegen, seine Aufgabe als offizieller KGB-Mann sei es gewesen, den Kontakt mit den geheimen Agenten zu halten und deren Kontakt mit der zentrale in Moskau zu gewährleisten.
Putin scheint die Jahre in Deutschland in guter Erinnerung zu haben, seine ehemaligen Kollegen hat er auf jeden Fall nicht vergessen. Als zum Beispiel der damalige Repräsentant des KGB beim ostdeutschen Ministerium für Staatssicherheit Lazar Moiseew dieses Jahr seinen 90. Geburtstag feierte, richtete der Präsident ihm seine Glückwünsche aus.
Auch seiner heutigen Ex-Frau Ljudmila hat es in Dresden offensichtlich gefallen, sie zeigte sich beeindruckt von deutscher Sauberkeit und Organisation, während Putin selbst vor allem am deutschen Bier Gefallen fand. Laut eigener Aussage nahm er in Dresden zwölf Kilogramm zu, weil er sich nach harten Arbeitstagen allzu regelmäßig ein Bier gönnte. In der Regel ging er jedoch zum Abendessen zu seiner Familie, oft luden die Putins auch Freunde und Kollegen zu sich ein, darunter auch Agenten der Stasi, deren Hauptquartier auf der anderen Straßenseite lag.
Ein Luxusleben hatte die Familie dennoch nicht. (Die Stasi-Mitarbeiter in der Nachbarschaft hätten laut Ljudmila Putina erheblich besser verdient). Der einzige Traum, den die Putins sich erfüllen konnten, war ein eigenes Auto – in sozialistischen Ländern damals durchaus ein Privileg.
Villa Angelikastraße 4, Loschwitz, Dresden - Ehemalige Arbeitsstätte von Wladimir Putin / Brücke-Osteuropa
Alles veränderte sich im Jahre 1989. Die Berliner Mauer fiel und die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten nahm ihren Lauf.
Am 5. Dezember 1989 sah Putin, wie wütende DDR-Bürger das benachbarte Stasi-Hauptquartier stürmten. Als er merkte, dass auch der KGB nicht vor einer Erstürmung sicher war und in Moskau niemand auf seine Warnungen hörte, entschied Putin sich dazu, selbst zu handeln. Der Zeitzeuge Siegfried Dannat erinnert sich, wie Putin das Gebäude verließ und den Menschen höflich und in fließendem Deutsch erklärte, dass es sich bei dem Grundstück um russisches Territorium handelte, und dass die Wachen bereit wären, auf eventuelle Eindringlinge zu schießen. So gelang es Putin, die Demonstranten von einer Stürmung des KGB-Quartiers abzuhalten und Blutvergießen zu vermeiden.
In den Tagen nach diesem Ereignis bereiteten die russischen Offiziere ihre Abreise vor. Während die wertvollen Gegenstände nach Moskau gebracht wurden, wurden alle anderen Akten, die etwas mit dem KGB in Ostdeutschland zu tun hatten, vernichtet. „Wir haben so viel Papier verbrannt, dass der Ofen kaputtging“ sagte Putin später.
Schließlich war auch dies erledigt und mit dem Rückzug des sowjetischen Geheimdienstes aus Dresden endete Putins Zeit in Deutschland.
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