Das schwache Geschlecht? Von wegen!

Ksenia Sidorova
Die traditionell „männlichen” Sportarten des Bodybuildings und Gewichthebens sind für Frauen aus ganz verschiedenen Gründen attraktiv. All jene, die sich im Kraftsport wiederfinden, haben aber eines gemeinsam: Diese Frauen sind nicht nur äußerlich stark.

Tatjana Jeremina, 37, verheiratet, eine Tochter

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Ich bin zunächst ins Fitnessstudio gegangen, um meinem Mann Gesellschaft zu leisten. Aber dann habe ich festgestellt, dass ich mich durch die physische Betätigung super fühle. Der Sport ermöglicht es mir, besser als andere zu sein.

Im Jahr 2015 wurde ich Neunte im „Fitness Bikini“-Wettbewerb in der Region Moskau.

Ich bin mir bewusst, dass ich heute mehr Aufmerksamkeit bekomme. Alle fragen mich, was ich mache, um so auszusehen. Ich fühle mein Alter nicht; nur Energie. Anders als meine Altersgenossen, die sich nicht für Sport interessieren.

Moderne westliche Gesellschaften gewöhnen sich an die Idee, dass Geschlechter eher ein gesellschaftliches denn ein biologisches Konstrukt sind.

Irina Kusnetsowa, 32, verheiratet, einen Sohn

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Vor einigen Jahren sah ich die wunderbare Ludmila Tuboltsewa (unter anderem Weltmeisterin im Bodybuilding, Anm. d. Red.) im Fernsehen. Sie hat mich dazu inspiriert, meinen Körper so fit zu bekommen wie sie ihren. Ich wurde zur Powerlifterin und bin in nationalen Ranglisten geführt worden. Zudem war ich Vizemeisterin im Bodybuilding in Moskau. Dann habe ich eine lange Pause eingelegt, weil mein Mann dagegen war. Jetzt aber bin ich zurück!

Hauptberuflich lehre ich Englisch in einer großen ausländischen Firma, aber der Sport ist mein Vollzeithobby.

Mich interessiert es nicht, ob andere meine Figur kritisieren. Es ist allein meine Sache, wie ich aussehe. Ich dränge niemandem meine Sicht der Dinge auf, nicht einmal engen Verwandten. Grundsätzlich ist es schön, anders zu sein als alle anderen. Ich versuche nicht, Menschen von meinem Sport zu überzeugen. Sie können ins Fitnesscenter gehen oder auch nicht – ganz wie sie wollen.

Der Unterschied zwischen Männern und Frauen besteht nicht im Aussehen oder dem Beruf, sondern liegt tief vergraben im Herz und in der Seele. Diese Frauen sind der lebende Beweis dafür.

Vera Plaude, 32, verheiratet

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Vor zwei Jahren hatte ich eine erfolgreiche Karriere als Bankerin und habe meinen Mann ins Fitnesscenter begleitet, um ihm Gesellschaft zu leisten. Heute bin ich ganz darauf fokussiert, mich als professionelle Athletin weiterzuentwickeln.

Wenn Menschen sich negativ über meine Figur äußern, dann hat das nur einen Grund: Es sind nicht sie selbst, die sprechen, sondern ihre Komplexe. Jeder weiß doch genau, dass man nicht einfach mit einem Körper wie meinem aufwacht. Es ist ein Vollzeitjob und nicht jede Frau kann das machen. Aber ich denke, dass Frauen gut aussehen sollten.

Ich mag es, mich schön anzuziehen, und wenn eine Frau einen athletischen Körper hat und gut aussieht, dann ist das unglaublich schön.

Sie sind stark und schön. Und wenn es jemand schafft, die eigenen Ziele zu erreichen, dann sie.

Ludmila Tuboltsewa, 45, in einer Lebenspartnerschaft

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Ich habe das Training für Bodybuilding-Wettbewerbe während meines Studiums begonnen. 20 Jahre später bin ich noch immer dabei… Jetzt bin ich neunfache russische Meisterin im Bodybuilding, dreimal Europameisterin, Weltmeisterin und Gewinnerin des internationalen „Cup of Champions“. Nebenbei arbeite ich als Fitnessdirektorin in einem Studio.

Ein muskelbepackter weiblicher Körper zieht immer mehr Aufmerksamkeit auf sich, insbesondere am Strand. Weiblichkeit aber hat nichts mit der Größe deines Körpers zu tun. Sie definiert sich darüber, wie du auf dich selbst achtest und dich gibst. Muskeln machen eine Frau nicht zum Mann, wenn sie innerlich noch immer verspielt ist.

Marina Wlasowa, 43, verheiratet, einen Sohn

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Ich war ein kränkliches Kind. Die Ärzte haben bei mir eine Rückgratverkrümmung festgestellt. Nachdem ich meinen Abschluss an der medizinischen Fakultät gemacht hatte, habe ich mich verletzt. Man sprach davon, dass ich körperlich eingeschränkt sein könnte. Man verpasste mir ein metallisches Korsett und kurz darauf ging ich ins Fitnessstudio.

Nun arbeite ich seit mehr als einem Jahrzehnt als Trainerin. Vor drei Jahren habe ich mich dazu entschieden, mir selbst ein Geschenk zum 40. Geburtstag zu machen und an Wettkämpfen teilzunehmen. So wurde ich russische Meisterin und Europameisterin.

Sport eignet sich super für die persönliche Entwicklung, für eine gute physische Gesundheit und ein hohes Selbstbewusstsein. Wenn ich mich mit ehemaligen Klassenkameraden treffe, die keinen Sport machen, dann tuen sie mir wirklich leid.

Männer nehmen mein Aussehen positiv auf. Sie kommen oft zu mir, um mir Komplimente zu machen.

Ekaterina Afonina, 30, Single

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In der neunten Klasse wog ich 30 Kilogramm. Ich entschied mich dazu, groß und stark zu werden, nachdem mich mein damaliger Freund mit einer Hand hochgehoben hatte. Zum Ende meiner Schulzeit war ich bereits als Junior-Powerlifterin in den regionalen Ranglisten aufgeführt. Dann aber habe ich mich verletzt.

Ich bin als Chirurgin ausgebildet worden, aber vor einem Jahr habe ich mich für den Sport entschieden. Nun bin ich Trainerin in drei Fitnessstudios. Nebenher trainiere ich weiter für Wettbewerbe.

Mir werfen die Leute noch immer komische Blicke zu, als wäre ich ein Freak. Langsam aber gewöhnen sich die Menschen an athletische Körper. In jedem Fall fühle ich mich geschmeichelt, selbst wenn die Aufmerksamkeit negativer Art ist.

Ich glaube, dass Sport für jeden ein Teil des Lebens sein sollte. Der Körper ist ganzheitlich zu sehen und muss von innen und außen gepflegt werden. Das ist unsere Pflicht!

Tatjana Tschekmarewa, 42, verheiratet

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Mit 33 Jahren habe ich begonnen, ins Fitnessstudio zu gehen, um mein körperliches Wohlempfinden zu steigern. Damals fiel es mir sogar schwer, in meiner eigenen Wohnung umherzulaufen. Drei Jahre später war ich „Meisterin des Sports“ im Powerlifting. Nun bin ich zweifache russische Rekordhalterin im klassischen Powerlifting.

Mir gefällt es, aus der Masse herauszustechen. Ich habe Fans und sogar einen eigenen Fanclub. Sicher, einige Leute lehnen mein Aussehen ab, aber das beachte ich einfach nicht.

Ich würde Frauen nicht grundsätzlich dazu raten, Gewichtheben zu betreiben. Wenn sie sich vor zu großen Muskelmassen fürchten, gibt es eine Reihe leichterer Sportarten zur Auswahl.

Ewgenia Wasiljewa, 36, Single

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Ich habe athletische Körper immer bewundert und wollte auch so aussehen. 2015 wurde ich Meisterin in der Region Nord-West und Sankt Petersburg und Zweite bei den russischen Meisterschaften im klassischen Bodybuilding. Seit drei Jahren arbeite ich als Fitnesstrainerin, davor hatte ich einen Job als Buchhalterin.

Für gewöhnlich reagieren die Leute ganz normal auf mein Aussehen. Männer machen mir mehr Komplimente, und manchmal haben auch Frauen etwas Nettes zu sagen. Das freut mich dann besonders.

Ich glaube, dass wahre Weiblichkeit nichts mit dem Aussehen einer Frau zu tun hat. Manchmal sieht man ein Foto und die Frau darauf wirkt sehr weiblich. Wenn man sie dann aber im wahren Leben trifft, wirkt sie ganz anders.

Julia Baranowa, 39, verheiratet, zwei Kinder

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Eine Verletzung hat meine Karriere als Turnerin beendet, als ich 18 war. Man stellte bei mir einen Wirbelsäulenbruch fest und ich lag lange in einem Krankenhausbett. Ich habe begonnen, ins Fitnesscenter zu gehen, und habe mir langsam eine muskulöse Erscheinung antrainiert. Irgendwann kam dann die Entscheidung, an Wettbewerben teilzunehmen.

2014 war ich russische Meisterin in der Kategorie “Body Fitness”. Zudem habe ich regionale Titel in Tula, Brjansk und Orjol gewonnen. Bei den nationalen Samson-Meisterschaften 2015 bin ich ins Finale gekommen.

Jetzt arbeite ich als Trainerin im Fitnessstudio. Krafttraining zerstört die weibliche Figur nicht! Meiner Meinung nach verbessert es diese nur. Mein Mann und meine Söhne wissen genau, dass Mama schön ist.

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