Der Tempel aller Religionen vereinigt christliche Kreuze, muslimische Halbmonde, Davidsterne und chinesische Kuppeln in einem Gebäude.
Shutterstock/Legion-MediaKasan, die Hauptstadt der Republik Tatarstan, liegt 719 Kilometer östlich von Moskau entfernt und besitzt ein facetten- als auch kontrastreiches Kulturerbe, das die Stadt nicht zuletzt der friedlichen Koexistenz unterschiedlicher Religionen verdankt. Ausdruck dafür ist die hier lebende muslimische Diaspora – die größte Russlands –, die seit Jahrhunderten Seite an Seite mit der russisch-orthodoxen Gemeinde lebt, oder der vielseitige Tempel aller Religionen.
Aber auch die zweisprachigen Beschilderungen auf Russisch und Tatarisch in der Stadt sind Symbol der kulturellen Vielfalt Kasans. Seine Traditionen verbindet das Istanbul an der Wolga auf harmonische Weise mit der Moderne. Seit der Jahrtausendwende hat sich die Stadt stark gewandelt: Nach den Veränderungen im Stadtbild anlässlich der Tausendjahrfeier und bedeutender Sportveranstaltungen ist sie heute eine Metropole von nationaler Bedeutung. Kasan ist, nach Moskau und Sankt Petersburg, Russlands dritte Hauptstadt geworden.
Die Kul-Scharif-Moschee bildet das Wahrzeichen der Stadt und der Republik Tatarstan. / Lori/LegionMedia
Bis zur Erstürmung Kasans durch den Zaren Iwan der Schreckliche im Jahr 1552 befand sich auf dem Gelände des Kremls der Hauptstadt des Kasaner Khanats eine schneeweiße Moschee mit hellblauen Kuppeln und einer Vielzahl an Minaretten. Erst 1996 – fast viereinhalb Jahrhunderte später – wurde ihr Wiederaufbau beschlossen. Am 24. Juni 2005, zum 1000. Jahrestag Kasans, fand die Einweihung der Kul-Scharif-Moschee statt, die nunmehr das neue Wahrzeichen der Stadt und der Republik bildet.
Die Moschee bietet Platz für anderthalbtausend Gläubige, auf dem Vorplatz können weitere zehntausend Menschen beten. Auf der Kuppel sind Formen dargestellt, die an die „Kasaner Kappe“, die Krone der Kasaner Khane, erinnert, die der Legende zufolge nach der Eroberung Kasans nach Moskau gebracht wurde und heuer in der Rüstkammer des Moskauer Kremls ausgestellt wird. Kul-Scharif ist nicht nur ein funktionierendes Gotteshaus, sondern beherbergt zudem zwei Museen – das Museum für islamische Kultur des Wolgagebiets und das Museum für altertümliche Handschriften.
Dieser Hochzeitspalast wurde in Form eines asiatischen Kochtopfes konstruiert. / Lori/Legion-Media
Eine äußerst ungewöhnliche Architektur zeichnet das Familienzentrum Kasan aus. Dieser Hochzeitspalast wurde in Form eines gigantischen Kessels über einem lodernden Herd, in dem das Leben der Stadt „kocht“, konstruiert. In den drei Festsälen des Gebäudes können täglich bis zu einhundert Eheschließungen durchgeführt werden. Bei den Besuchern, die (noch) keine ehelichen Bande knüpfen wollen, ist das Familienzentrum Kasan vor allem als eine der besten Aussichtsplattformen der Stadt beliebt. Auf dem Dach in Höhe von 32 Metern befindet sich eine Aussichtsfläche über zwei Etagen mit Blick über die Altstadt.
Seit 2013 gilt Kasan als einer der bedeutendsten Orte für sportliche Großveranstaltungen. / RIA Novosti/Maxim Bogodvid
Kasan erhielt für die Vorbereitung und Ausrichtung der Weltsportspiele der Studenten im Jahr 2013 internationale Anerkennung: Neben London und Dubai wurde ihr der Titel „Welthauptstadt des Sports“ verliehen. Seither gilt Kasan als einer der bedeutendsten Orte für sportliche Großveranstaltungen. Das 2010 errichtete „Universiade-Dorf“ wird heuer als Studenten-Campus genutzt und gilt als der modernste in Russland. Die vielen Sportanlagen können von Profi- und Hobbysportlern gleichermaßen genutzt werden – auch von Besuchern der Stadt.
Palast der Ackerbauern kostete dem Staat eine Milliarde Rubel. / Lori/Legion-Media
Diese Sehenswürdigkeit wurde erst im
21. Jahrhundert erbaut, wird aber bereits im gleichen Atemzug mit dem historischen Kasaner Kreml genannt: das neue Gebäude des Landwirtschaftsministeriums mit der Aufschrift „Palast der Ackerbauern“ in Russisch und Tatarisch. Der gesamte Palast, einschließlich der Holzverzierungen an der Fassade, wurde innerhalb von zwei Jahren für eine Milliarde Rubel (rund 13,5 Millionen Euro) errichtet.
Der Palast der Ackerbauern beeindruckt durch seine mondäne Schlichtheit und Herrlichkeit, die Gebäuden aus der Epoche des Barocks eigen sind.
Der Tempel aller Religionen wurde von einer privaten Person ins Leben gerufen. / Lori/Legion media
1994 begann der Architekt und Humanist Ildar Chanow auf seinem eigenen Grundstück mit der Errichtung des sogenannten Tempels aller Religionen. In eklektischer Form vereinigen sich in diesem Gebäude christliche Kreuze, muslimische Halbmonde, Davidsterne und chinesische Kuppeln. Der Tempel beherbergt zwei Museen, eine Kunstgalerie und sogar einen Konzertsaal.
Die Idee zum Bau dieses Kuriosums kam Chanow nach seinen langjährigen Reisen durch Tibet und Indien. Der Künstler starb 2013, noch bevor er den Tempel fertigstellen konnte. Doch mit Spendensammlungen soll die Fertigstellung gelingen.
Dieser Springbrunnen erinnert an die Gründungslegende Kasans. / Lori/LegionMedia
Nach der Tausendjahrfeier Kasans wurde im Zentrum der Stadt an der Stelle einer früheren Brache ein bezaubernder, lauschiger Park mit blau-goldenem Eingangstor gestaltet. Der Springbrunnen in diesem Park erinnert an die Gründungslegende Kasans: geformt wie ein Kasan – ein asiatischer Kochtopf – , der von Silanten, kleinen geflügelten Drachenschlangen, bewacht wird. Der Legende nach wurde die Stadt an der Stelle gegründet, an der ein in der Erde vergrabener Topf zu kochen begann. Um den Springbrunnen herum gehen sternförmig gepflegte Wege mit Laternen und Bänken ab.
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