George Costakis wurde im Jahr 1913 in Moskau geboren. Durch seinen Vater hatte er die griechische Staatsangehörigkeit geerbt, die er in der Sowjetunion behalten konnte. In den 1930er Jahren begann der junge Costakis zuerst für die griechische, dann für die britische und kanadische Botschaft in der russischen Hauptstadt zu arbeiten. In diesen Jahren begann auch seine Sammelleidenschaft, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Antiquitäten und „Alten Meistern“ zur russischen Avantgarde überging.
George Costakis, 1973
Getty ImagesDamals waren avantgardistische Werke billig und leicht zu erwerben, die sowjetischen Behörden hatten an künstlerischen Revolutionären keinen Bedarf und viele von ihnen tauschten ihren Stil der Moderne gegen das Malen klassischer Stillleben, Porträts und Landschaften ein.
„Im Jahr 1937 geriet die Avantgarde in Vergessenheit; die Sowjetunion brauchte einen neuen Realismus, der vom einfachen Mann verstanden werden konnte. Die durchgeführten Reformen machten alles, was die Avantgarde erreicht hatte, zunichte und ihre Werke wurden in den Lagerräumen verstaut“, sagt die Direktorin des Museums, Maria Tsantsanoglou.
Costakis suchte überall, wo es nur möglich war, nach den Kunstwerken der Avantgarde – angefangen bei den Wohnungen der wenigen Sammler, die es zu der Zeit gab, bis hin zu den Familien der Künstler, denen sie ihre Werke hinterlassen hatten. So fand er beispielsweise auf der Datscha ihrer Verwandten eine Arbeit von Ljubow Popowa – einer der „Amazonen der Avantgarde“, die im Jahr 1924 verstorben war – auf Sperrholz gemalt und als Fensterladen eingesetzt.
Den Berichten der Zeitgenossen zufolge gab es für alle Interessenten fast alle Werke zu sehen, die an den Wänden seiner Wohnung am Wernadskij-Prospekt hingen. Tsantsanoglou stellt fest, dass ausländische Touristen in Moskau, wenn sie nach den Orten gefragt wurden, die sie sehen wollten, oft geantwortet haben: „Ich möchte den Kreml, das Bolschoi-Theater und Costakis' Wohnung besuchen.“ Dazu zählten auch Besucher wie Edward Kennedy und David Rockefeller.
Als bei Costakis Krebs diagnostiziert wurde, zog er zur Behandlung nach Europa. Er plante, seine aus mehreren tausend Gemälden, Grafiken, Skulpturen und Manuskripten bestehende Sammlung mitzunehmen, bekam jedoch keine Genehmigung erteilt, die Sammlung außer Landes bringen zu dürfen. Im Rahmen eines „Abkommens“ mit der Sowjetregierung „schenkte“ er der Tretjakow-Galerie über ein Drittel seiner Sammlung. Im Gegenzug durfte er jene Werke mitnehmen, die heute in Thessaloniki und in verschiedenen Ausstellungen auf der ganzen Welt für die Öffentlichkeit zu sehen sind.
Der Kopf, Pawel Filonow, Mitte der 1920er Jahre
Press photoIm Jahre 1997, sieben Jahre nach Costakis’ Tod, erwarb die griechische Regierung die Sammlung. Sie wurde ins Museum in Thessaloniki gebracht, welches fünf Jahre später eröffnet wurde. Nun hat die Institution beschlossen, das Museum und damit die Sammlung neu zu gestalten und ein internationales Zentrum für das Studium der Avantgarde zu gründen. Der Vorstand hat die russische Galeristin und Gründerin der „Heritage Art Foundation“, zu Deutsch „Kunsterbe-Stiftung“ Kristina Krasnjanskaja, eingeladen, das Entwicklungskomitee des Museums in Thessaloniki zu leiten.
„Es ist die einzige umfangreiche Sammlung der russischen Avantgarde, die im Ausland zu finden ist und es bietet nun eine wunderbare Gelegenheit, diese zu studieren und weiterzuentwickeln sowie russische Kultur im Westen zu fördern. Es ist immer interessant, wenn etwas, das einmal als kleines Projekt begann, sich zu etwas Großem entwickelt. Die russische Avantgarde ist heute Teil der Weltkultur, sie wird auf der ganzen Welt ausgestellt und von ausländischen Sammlern gekauft“, sagt Krasnjanskaja gegenüber Russia Beyond.
Zwei Figuren, Alexander Rodtschenko, 1920
Press photoAm 29. Juni wurde im Museum eine neue Ausstellung mit dem Titel „Thessaloniki. Die Sammlung von Costakis. Ein Neustart“ eröffnet und ist das erste vom Komitee inspirierte und organisierte Projekt seiner Art. Die Ausstellung erzählt nicht nur die Geschichte von der Person Costakis, sondern auch die Chronologie der Entwicklung der Avantgarde in Russland. Sie beginnt mit den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts, als russische Künstler von der europäischen Moderne beeinflusst wurden sowie eine zusätzliche Inspiration in der Folklore fanden und erstreckt sich bis zur Entstehung des Kubofuturismus, Suprematismus und der Verbindungen der Avantgardekünstler zum jungen Sowjetstaat. Die Gesamtausstellung erstreckt sich über drei Etagen des Museums und besteht unter anderem aus Gemälden, Grafik- und Porzellanarbeiten von Malewitsch, Kandinskij, Popowa, Rodtschenko, Nikritin und Kljun.
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