Ende Oktober 1908 flimmert im Moskauer „Aquarium“-Theater der erste russische Spielfilm über den Bildschirm: “Stenka Razin” ist ein knapp acht Minuten langer Stummfilm in Schwarz-weiß und eine Verfilmung eines Theaterstücks von Wassilij Gontscharow: Eine persische Prinzessin stirbt darin in den wilden Wellen der Wolga.
Gedreht wurde der Film im Meerbusen bei Sankt Petersburg. Für die Massenszenen wurden bis zu 150 Menschen angeheuert.
Obwohl sowohl Regissur (Wladimir Ramaschkow und Alexander Drankov), Schnitt als auch schauspielerische Leistung beim Publikum vor allem Erheiterung auslöste, war es doch die Geburt einer großen russischen Filmgeschichte.
Praktisch jeder moderne Filmemacher, ob russischer, westeuropäischer, asiatischer oder sonstiger Provenienz, zählt Sergei Eisenstein zu seinen künstlerischen Vorbildern. Eisenstein setzte, wie andere Stummfilm-Pioniere, etwa David Wark Griffith und Friedrich Wilhelm Murnau, Maßstäbe für die Entwicklung des Films, die heute niemand in Frage stellt.
1905 inszeniert er eindrucksvoll die Meuterei auf einem zaristischen Kampfschiff in Odessa. Allein die Marschszene der Militärs auf der weiten Freitreppe in der heute ukrainischen Schwarzmeer-Stadt ist mittlerweile purer Kult der weltweiten Kulturgeschichte – und wird immer wieder auch in neuen Filmen genutzt und zitiert.
Weitere Arbeiten Eisensteins sind „Oktober (Zehn Tage, die die Welt erschütterten“), „Alexander Newskij“ und Iwan der Schreckliche“. Außerdem hat er sich einen Namen als Erfinder der „intellektuellen Montage“ im Filmschnitt gemacht.
Mit diesem Film hat Regisseur – und späterer Mosfilm-Chef) Iwan Pyrjew eine Liebesgeschichte zweier Arbeiter von zwei unterschiedlichen Kolchosen in der Kuban-Region konstruiert. Das sowjetische Leben wird hier so idyllisch und romantisch wie nur möglich gezeigt.
Die Ironie des Schicksals jedoch bestand letztlich darin, dass der Film nur vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges in die Kinos kam, als das Land noch weitestgehend zerstört war und die Menschen oft nicht genug zu essen hatten. Wer brauchte da schon Kino, und dann auch noch solch eine romantische Geschichte? Und auch bei den Dreharbeiten gab es Schwierigkeiten: Immer wieder sollen Schauspieler ohnmächtig geworden sein, wenn sie die künstlichen Ernteeinträge am Set sahen, die den Reichtum der südsowjetischen Region zeigen sollten.
Der Film von Michail Kalatosow und Sergej Usurewskij gilt als eine wahre Innovation seiner Zeit: sowohl hinsichtlich der schauspielerischen Leistung als auf technischer Seite wie der Kameraführung, die nun teils minutenlange Bildphasen erlaubte. Außerdem wurden erstmals Rundum-Schwenks auf Kreisschienen benutzt, eine Technik, die bis heute intensiv genutzt wird.
Diese wunderbare Geschichte um Liebe und Freundschaft endet tragisch. Der Zweite Weltkrieg ist schuld, er entzweite Familien und verleitete die Protagonisten zu falschen Entscheidungen. Die Menschen hier sind weit mehr als nur Teile der sowjetischen Gesellschaft, hier sind sie Individuen.
Der spätere sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow soll in Wut ausgebrochen sein und die Hauptfigur als "Hure" bezeichnet haben, nachdem er diesen Film gesehen hatte. Das tragische Schicksal der Veronika (Tatjana Samojlowa) aber wurde zu einem Symbol all der Bürden, die die sowjetischen Frauen zu tragen hatten, um den Krieg zu überstehen. Und sie berührte Millionen auch jenseits der Sowjetunion. "Die Kraniche ziehen" erhielt 1958 in Cannes die Goldene Palme.
Dieser Film verbindet den nationalen Charakter, Kunst und alte Traitionen mit der tragischen Geschichte Russlands. Von der Sowjetführung war der Film für Jahre verboten worden, weil er zu viele religiöse und philosophische Zwischentöne besaß.
Wie in einer philosophischen Saga über einen Künstler aus der russischen Kulturgeschichte lebt der Film von Rück- und Überblenden in das russische Mittelalter. Regisseur Andrej Tarkowskij hat sich spätestens mit diesem Film, aber auch mit seinen sieben weiteren großen Features, sicher einen Platz im russischen Kino-Olymp verdient.
Dieses vierteilige preisgekrönte Epos von Regisseur Sergej Bondartschuk gilt als beste Verfilmung des Tolstoi-Klassikers und gleichzeitig als der teuerste Film der Sowjetunion. Allein für die Schlachtszenen hatte das Verteidigungsministerium ein über 1500 Mann starkes Kino-Kavallerieregiment zusammengestellt, welches später dann auch noch in anderen Filmen eingesetzt wurde.
Die gesamte Produktion dauerte ganze sechs Jahre. Insgesamt wurden 58 Museumskollektionen und 40 sowjetische Unternehmen zur Rekonstruktion der historischen Waffen und Kleidung zu rekonstruieren.
Die berühmtesten Szenen jedoch sind die Kampfszenen: Allein für die Schlacht von Borodino 1812 wurde die französische und russische Seite jeweils ein Kavallerieregiment mit 950 Mann und insgesamt 15.000 Infanteristen gecastet.
Dieser Streifen von Regisseur Marlen Chuzijew war ein Durchbruch – und gilt als der intellektuellste Film seiner Zeit. Inspiriert vom französischen New-Wave-Kino, brachte er eine neue Bildsprache ins sowjetische Filmgeschäft – und orientierte sich doch gleichzeitig an dem seiner Zeit sehr beliebten Genre der Liedermacher wie Bulat Okudschawa, Jurij Wisbor, Wladimir Wyssozkij und vielen anderen. Als besonderes Extra spielten die berühmten russischen Regisseure Andrej Tarkowskij und Alexandr Mitta kleine Nebenrollen in der Sommer-Herbst-Liebesgeschichte der 30er Jahre, die eine furchtbare Wende erfährt – hervorgerufen durch Brüche in Weltsicht und Glauben.
„Moskau glaubt den Tränen nicht" ist einer der erfolgreichsten Filme aus Sowjetzeiten. Ende 1979 feierte er in Moskau Premiere. Wenig später, am 11. Februar 1980, wurde der Film im Fernsehen gezeigt und erreichte 90 Millionen Zuschauer. Auch im Ausland fand der Kultfilm Beachtung und wurde unter anderem als bester ausländischer Film mit einem Oscar bedacht.
Regisseur Wladimir Menschow konnte Hollywood mit seinem Film über starke Frauen überzeugen, ein Thema, das in den USA schon 1959 im ebenfalls sehr erfolgreichen Melodram „The Best of Everything" („Alle meine Träume") aufgegriffen wurde. Darin ging es um die Geschichte dreier Frauen, die in einem Verlagshaus arbeiten und auf der Suche nach ihrem persönlichen Lebensglück sind. Ihre Lebenswege entwickeln sich sehr unterschiedlich.
In „Moskau glaubt den Tränen nicht" geht es ebenfalls um drei Frauen und deren Leben zwischen 1958 und 1978. Sie kommen aus der Provinz nach Moskau, um dort ihr Glück zu finden. Die beständige Katharina, gespielt von Wera Alentowa, arbeitet in einer Fabrik und träumt von einem Universitätsabschluss. In ihrer freien Zeit sitzt sie über ihren Lehrbüchern. Für die frivole Ljudmila, die Irina Murawjowa spielt, ist das Leben in Moskau wie ein großes Glücksspiel. Ljudmila will einen schönen und reichen Mann treffen (was ihr auch gelingt). Die bescheidene Antonina, verkörpert von Raisa Rjasanowa, arbeitet auf einer Baustelle und heiratet gleich zu Beginn des Films einen einfachen Arbeiter.
Jahre später ist nur noch Antonina glücklich. Katharina, die Hauptfigur des Films, wurde vom Vater ihrer Tochter verlassen und muss sich als alleinerziehende Mutter behaupten. Jahre später ist sie erfolgreiche Fabrikdirektorin, was aber ihrem Liebesglück mit einem anderen Mann im Wege steht. Ljudmila ist geschieden, ihr Ex-Ehemann Alkoholiker.
Filmregisseur ist ein auch in Russland vorwiegend männlich besetzter Beruf. Kira Muratowa war darum am Ende der Sowjetzeit eine seltene Ausnahme. “The Asthenic Syndrome” spielt in zwei verschiedenen Epochen – der Vor-Perestroika-Zeit sowie der Reformzeit selbst. Dabei bleiben die zwei Teile aber weitestgehend unabhängig voneinander.
Der erste Teil – in schwarz-weiß – erzählt die Geschichte einer um ihren verstorbenen Mann trauernden Frau. Der zweite Teil porträtiert einen Lehrer, der an Asthenie leidet, einer besonderen der Sensibilität.
Der Film gewann zahlreiche Preise, unter anderem den Silbernen Bären des Jury-Preises der 40. Internationalen Berlinale.
Dieser Filmklassiker von Regisseur Aleksej Balabanow unterscheidet sich von allen anderen Filmen in der Liste, da er als Symbol für das neue, postsowjetische Russland gilt. Hauptdarsteller Sergej Bodrow, der Danila Bagrow spielte, wurde über Nacht zum Helden einer ganzen Generation. Der Film handelt von einem Ex-Soldaten, der nach St. Petersburg fährt, um dort seinen Bruder zu suchen, der aller Illusionen beraubt in der Großstadt lebt. Doch nachdem ihm sein Bruder den Auftrag erteilt, einen Mafia-Boss auszuschalten, bricht die Hölle auf Erden aus, die viele Opfer fordert. Danila wird von seinem Bruder verraten und gerät in die Fänge der Mafia. Es gelingt ihm allerdings, mit den Gangstern fertig zu werden. Am Ende verzeiht er seinem Bruder und flüchtet aus der Stadt.
Der russische Action-Thriller ist typisch für seine Zeit, da er von einer ganz bestimmten Personengruppe handelt: den ehrenwerten Verbrechern. Dabei sind die Grenzen von Gut und Böse sehr verwischt, denn obwohl Danila Menschen tötet und sehr hart gegen die Mafia vorgeht, bewahrt er noch einen gewissen Anstand und hat zudem einen eigenen Ehrenkodex. Seine Ansicht von Moral spiegelt sich am besten in folgenden Worten wider: „Die Kraft liegt in der Wahrheit. Jeder, der ehrlich ist, ist stark."
„Loveless“, der neue Film von Andrei Swjaginzew, wurde im Hauptprogramm der Internationalen Filmfestspiele von Cannes gezeigt. Die von Kritikern erwartete Goldene Palme ging zwar an Pedro Almodóvar, jedoch wurde der Regisseur mit dem Preis der Jury ausgezeichnet.
„Loveless“ scheint auf den ersten Blick ein gewöhnliches Familiendrama zu sein, doch es steckt viel mehr darin. Ein junges Paar steht am Rande einer Scheidung. Beide haben erfolgreiche Liebhaber. Sie wollen ihren Sohn in ein Waisenhaus geben, vergessen diese Entscheidung aber am nächsten Tag bereits wieder, weil sie zu sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt sind. Doch der Junge verschwindet.
Die Handlung scheint sich auf die Suche zu konzentrieren, ähnlich wie in „Gone Girl“ oder „Der Schwarze Falke", aber laut Filmkritiker Anton Dolin suchen die Protagonisten nicht im Äußeren sondern in ihrem Inneren. Der Kritiker bescheinigt den Dialogen und Schauspielern zudem eine große Natürlichkeit – auch in den erotischen Szenen, was allgemeinhin als sehr schwer zu erreichen gilt.
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